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Die Lage am Samstag

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Die Lage am Samstag

Die Lage am Samstag
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Begriff "Moment" kommt aus dem Lateinischen, er lässt sich übersetzen mit "Augenblick", aber auch mit "Bedeutung", "Bewegung", "Einfluss". Welche Bedeutung, welchen Einfluss wird dieser eine Moment am vergangenen Sonntag für den Verlauf der Weltgeschichte haben? Hillary Clinton, US-Präsidentschaftskandidatin, kippte kurz um, seitdem hat ihr Konkurrent Donald Trump nochmal bessere Chancen, als 45. Präsident der Vereinigten Staaten ins Weiße Haus zu ziehen. "Fünf Minuten vor Trump" lautet der neue Titel des SPIEGEL. Unsere Amerika-Experten haben sich den Kandidaten genau angeschaut, ihre Analysen sind erschütternd. Sie beschreiben Trump als notorischen Lügner und Hetzer. Zyniker würden sagen, die Lüge gehöre zum politischen Geschäft dazu, und auch wenn diese Feststellung nicht falsch ist - richtig ist sie eben auch nicht. Lügen galten immer als gefährlich. Denn wenn die Wahrheit entdeckt wird, ist der Lügner blamiert. Trumps Lügen sind für ihn keineswegs gefährlich, im Gegenteil, sie nützen ihm, weil seine Anhänger sich in ihren Vorurteilen bestätigt fühlen. Wenn das Lügen nicht mehr gefährlich ist, dann ist das politische System, ist jedwedes System zerstört.

Im Video: SPIEGEL-Korrespondent Holger Stark über Hillary Clintons schwachen Moment und den Imagewechsel von Donald Trump

Erwünschte Lüge

Wir Deutschen blicken gern zweifelnd nach Amerika, aber mit dem Thema Lügen hatten wir diese Woche auch ganz schön zu tun. Im neuen SPIEGEL porträtieren wir einen großen deutschen Lügner. Fußballstar Franz Beckenbauer hat jahrelang so getan, als habe er die Weltmeisterschaft 2006 als Ehrenamtlicher nach Deutschland geholt, aber meine Kollegen enthüllten, dass er sich mit Millionen bezahlen ließ. Auch dieser Lügner ist nicht allein schuld daran, dass hier ein ganzes System - das des deutschen und internationalen Fußballs - ins Wanken geriet. Der Franzl sollte strahlen, unbedingt. Die Deutschen wollten ihn so und übersahen gerne seine weniger angenehmen Seiten.

Franz Beckenbauer
DPA
Franz Beckenbauer

Eine Nacht in München

Die SPIEGEL-Ausgabe, die wir in Bayern vertreiben, enthält ebenfalls die große Analyse über Trump, als Titelgeschichte aber haben wir hier einen anderen Text ausgewählt: eine Rekonstruktion der Abendstunden des 22. Juli in München. Der Amoklauf eines Schülers hielt die Stadt acht Stunden lang in Atem. Hinterher sagte der Oberbürgermeister, die Münchner hätten gezeigt, dass sie sich in ihrem Lebensgefühl nicht so leicht einschüchtern ließen. Stimmt das? Die Hysterie an jenem Abend war beispiellos. Ist der Satz des Münchner Oberbürgermeisters deswegen eine Lüge? Der Bürgermeister wollte anerkennen, dass die Münchner Schlimmstes durchlebt haben und doch solidarisch gewesen sind, diese Anerkennung haben die Münchner mehr als verdient. Dennoch ist die kleine Beschönigung fahrlässig, weil sie den Blick verstellt auf eine wesentliche Erkenntnis. Die Hysterie brach aus, weil die Münchner stundenlang annahmen, der Amoklauf sei ein terroristischer Anschlag. Die Münchner Nacht, mit all den Fehlalarmen und Gerüchten, hat gezeigt, dass der Terror uns längst verändert hat. Und zwar genau in dem von Terroristen gewünschten Sinne.

Absperrband am Tatort am 23.07.2016 in München
DPA
Absperrband am Tatort am 23.07.2016 in München

Gewinner des Tages...

sollen heute mal Spitzenpolitiker sein, und zwar parteiübergreifend. Der SPIEGEL ist nicht besonders geübt darin, Politiker zu loben, unsere Aufgabe ist eine andere, Kritik, Kontrolle - sagen, was ist. Aber eben deswegen muss eines gesagt werden, nämlich dass die Einsatzbereitschaft fast aller Spitzenpolitiker unfassbar hoch ist. Meine Kollegen aus dem Berliner Büro haben den Schwächeanfall von Hillary Clinton zum Anlass genommen, die Beschleunigung im Berliner Politikbetrieb zu beschreiben. 16-Stunden-Tage sind für die Kanzlerin normal, sie hat Termine im Viertelstundentakt, nicht viel anders geht es ihren Kabinettskollegen. Und wehe, einer hält das für einen Moment - siehe oben - nicht durch. Jetzt könnte man über die Sucht nach Macht schreiben und dass es nötig sei, Schwäche auch mal zuzugeben, aber heute und hier soll tatsächlich mal gelobt werden. Für das Wahrnehmen von Verantwortung und das schiere Durchhalten.

Angela Merkel
AP
Angela Merkel

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und ein Wochenende, das sich von dem eines Spitzenpolitikers wesentlich unterscheidet.

Herzlich,

Ihre Susanne Beyer

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